TikTok ist für Moderatoren ein finsterer Ort (Bild: Unsplash/Solen Feyissa)
TikTok: Sammelklage wegen mangelnden Arbeitsschutzes

Mord, Sodomie, Nekrophilie, Kinderpornografie und andere beunruhigende Dinge: Die Inhaltsmoderatoren von TikTok sehen das oft. Nicht nur das, sie müssen vieles davon beruflich pausenlos ertragen, um den überhöhten „Produktivitätsstandards“ gerecht zu werden. Diesen Vorwurf erhoben zwei ehemalige Moderatoren in einem Verfahren vor einem US-Bundesgericht in Kalifornien gegen die App und deren Muttergesellschaft ByteDance. Sie sehen “extreme psychische Belastungen” als Verstoß gegen den Arbeitnehmerschutz und streben eine Sammelklage an, der sich weitere unter den Folgen der Tätigkeit leidende Moderatoren anschließen könnten.

Abartiges ohne Ende

TikTok hat weltweit etwa 10.000 Moderatoren. Sie sollen dafür sorgen, dass die Nutzer endlos fröhlich bespaßt werden und von verstörenden Inhalten verschont blieben. Doch die Inhaltswächter selbst bekommen davon massig ab.

“Wir mussten Tod und grafische Pornografie anschauen. Ich sah jeden Tag nackte minderjährige Kinder”,

so Klägerin Ashley Velez.

Beide Klageführer sprechen von 12 Stunden Schichten und kritisieren, dass sie aufgrund von Quotenvorgaben große Mengen derart verstörender Inhalte ohne Pause ertragen mussten. Die Klageschrift erhebt zudem den Vorwurf, dass das Arbeitsumfeld der Moderatoren unsicher gewesen sei. Denn TikTok stelle keine adäquaten Mittel bereit, um den Mitarbeitern beim Umgang mit Ängsten, Depressionen und posttraumatischem Stress, die aus der Arbeit des Ansehens der Flut an verstörenden Videos resultieren, zu helfen. Das Ansehen Hunderter “höchst toxischer und extrem verstörender” Clips pro Woche habe zu emotionalen Traumata geführt. Der mangelnde Schutz davor stelle Fahrlässigkeit und eine Verletzung kalifornischer Arbeitsschutzgesetze dar.

Altbekanntes Problem

Neu sind solche Vorwürfe nicht. Ein anderer TikTok-Moderator reichte erst im Dezember 2021 ein ähnliches Verfahren ein, das jedoch später zurückgezogen wurde. Problematischer für die Plattform können allerdings aktuelle Rechtsstreitigkeiten werden, insbesondere wenn diese tatsächlich den Status eines Sammelverfahrens erhalten und weitere Betroffene daran beteiligt sind. Der Anwalt hinter dem Verfahren hatte bereits vor einigen Jahren ein Sammelklageverfahren gegen Facebook wegen eines äquivalenten Vorwurfs der psychischen Belastung von Moderatoren eingereicht. Im Mai 2020 wurde eine Einigung erzielt, wonach Facebook 52 Millionen US-Dollar und mindestens 1.000 US-Dollar für jeden betroffenen Inhaltswächter zahlen muss.

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